• Spotlight24
  • 5Allgemein
  • 5Bericht
  • powered by
  • Icon List Item

Vom Volontär zum Chefredakteur

Aug. 14, 2025 | Allgemein

Fabian Greulich ist seit mehr als 25 Jahren bei den Fränkischen Nachrichten. Im Oktober 1999 begann er sein Volontariat, die Ausbildung zum Redakteur, in der FN-Redaktion in Buchen. Seit 2021 ist er Chefredakteur unserer Zeitung. Im Interview spricht er über seine Zeit als Volo, seinen persönlichen Werdegang und darüber, wie er sich zur Führungskraft entwickelt hat. 

Fabian, wie bist Du bei den FN gelandet?

Ich habe mir als Schüler schon in den Kopf gesetzt, Journalist zu werden, und war auch immer schon scharf darauf, Tageszeitung zu machen. Das Ziel habe ich immer weiterverfolgt und die Gelegenheit beim Schopf gepackt, als ich in der zehnten Klasse Gelegenheit zu einem Berufspraktikum bei den Fränkischen Nachrichten in Buchen hatte. Da mir die Arbeit riesigen Spaß gemacht hat – und offenbar auch die Mitarbeiter in der Redaktion ganz gut fanden, was ich so alles fabrizierte – habe ich direkt als freier Mitarbeiter weitergemacht. Ab da war ich in jeder freien Minute für die FN im Einsatz – vor allem an den Wochenenden.

Welche Ausbildung hast du gemacht und wie bist du darauf gekommen?

Wenn man Redakteur werden möchte, braucht man ein Volontariat. Also wollte ich unbedingt Volontär werden. Grundsätzlich benötigte man dafür damals wie heute ein abgeschlossenes Hochschulstudium. Deshalb habe ich mich direkt nach dem Abitur am BGB in Buchen (1998) und der sich anschließenden Bundeswehrzeit (da war ich übrigens nach der Grundausbildung in der Presseabteilung) für ein Germanistik-Studium in Würzburg eingeschrieben. Wie es der Zufall wollte, kam dann aber kurzfristig der dezente Hinweis des damaligen Redaktionsleiters von Buchen, dass ich mich doch um eine just freigewordene Volo-Stelle bewerben solle. Und zwar sofort.

Die Bewerbung habe ich sozusagen über Nacht fertig gemacht. Kurz darauf saß ich hier in Tauberbischofsheim zum Vorstellungsgespräch und habe tatsächlich die Zusage bekommen – auch ohne Studium. Das war außergewöhnlich, aber mein Vorteil war definitiv, dass ich so hartnäckig gewesen war. Mit der freien Mitarbeit, aber auch durch viele Praktika in der Redaktion, die ich immer in den Schulferien gemacht hatte. Die sind mich gar nicht mehr losgeworden bei den FN. Ob sie wollten, oder nicht. Im Oktober 1999 habe ich dann als Volo angefangen.

Was für eine Art von Azubi warst du?

Ich war natürlich ein ganz toller Azubi (lacht). Als Volontär habe ich da weitergemacht, wo ich als Praktikant schon angefangen hatte. Ich war Feuer und Flamme für den Beruf. Ich kannte ja schon (fast) alles durch die Praktika und meine Zeit in der Redaktion – die Kollegen konnten mich also gleich gut einsetzen. Aber natürlich musste ich auch noch viel lernen.

Das Volontariat war für mich toll: Ich war Teil der Redaktion, es gab verschiedene Seminare und Workshops. Und ich durfte für drei Monate zu unserem Mantel, dem Mannheimer Morgen. Das war schon spannend. Und ich war stolz: Ein Volontariat in der Tasche zu haben, war echt viel wert.

Hattest du vor, irgendwann Chef zu sein?

Nein. Ich hatte im Kopf, irgendwann Redakteur zu sein. Das war mein großer Traum. Chef zu sein – da habe ich überhaupt nicht dran gedacht, als Volontär schon gar nicht.

Wann kam der Knackpunkt, an dem das Chef-Sein doch ein Thema wurde?

Das hat noch einige Jahre gedauert. Erstmal war ich super glücklich, dass ich nach dem Volontariat als Redakteur übernommen wurde. Das Thema Führung hat sich dann über die Jahre so nebenbei entwickelt. Irgendwann stand es im Raum – und mein Name war auf der Liste. Nach und nach hatte ich in der Redaktion immer mehr Verantwortung übernommen. Eigenes Ressort, eigene Themenschwerpunkte, eigene Projekte. Das hat sich entwickelt. Irgendwann war ich dann stellvertretender Stellvertreter des Redaktionsleiters in Buchen. Eher eine symbolische Bezeichnung, aber eben meine erste offizielle Führungsposition.

Und wie ging es dann weiter?

Der ganz große Schritt in eine Führungsrolle mit wirklich viel Verantwortung kam für mich 2016, als die FN-Redaktion eine neue Struktur bekam und die Position des Redaktionsleiters Main-Tauber-Kreis und Regionales zu besetzen war. Diese Stelle umfasste die Verantwortung für die drei Ausgaben Tauberbischofsheim, Wertheim und Bad Mergentheim sowie den Regionalteil. Da habe ich den Finger gehoben, weil es aus meiner Sicht der richtige Zeitpunkt war. Aufgrund meiner Entwicklung und der über Jahre gesammelten Erfahrung traute ich mir diesen Schritt einfach zu.  

Ähnlich war es dann auch einige Jahre später. 2020/2021 hat es sich immer mehr angedeutet, dass es einen Wechsel auf der Position des Chefredakteurs geben wird. Ich habe in dieser Phase nicht nur darüber nachgedacht, sondern auch sehr genau abgewogen, ob dieser Job etwas für mich sein könnte. Zu gegebener Zeit habe ich dann meinen Hut in den Ring geworfen. Der Rest ist bekannt.

Wie merkt man eigentlich, dass man das Zeug zur Führungskraft hat?

Indizien kann man vielleicht schon in der Jugend erkennen. Klassensprecher in der Grundschule. Kapitän in der Handballmannschaft. So was. Aber das nehmen vor allem andere wahr. Grundsätzlich hatte ich schon immer einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit und den unstillbaren Drang, meine Meinung zu sagen.

Beruflich ist das dann aber nochmal eine andere Hausnummer. Man muss sicher Typ dafür sein, gewisse Fähigkeiten mitbringen und – ganz wichtig – das auch irgendwie ausstrahlen.

Wenn man unbedingt Führungskraft werden will, weil man der Überzeugung ist, es zu können, ist das aus meiner Sicht der falsche Ansatz. Sowas muss wachsen, sich entwickeln. Ich für mich musste auch das Gefühl haben, dass andere mich als ihren Chef akzeptieren und respektieren. Die Basis muss stimmen. Führung funktioniert aus meiner Sicht nicht starr von oben nach unten. Die besten Ergebnisse erzielt man auf Augenhöhe, im Team.

Was war rückblickend die größte Herausforderung auf deinem Weg?

Die größte Herausforderung als Chefredakteur war und ist die Vereinbarkeit von diesem herausfordernden und zeitintensiven Job und der Familie. Dieser Spagat zwischen gutem Chefredakteur und gutem Familienvater – mit allem Drum und Dran.

Die beruflichen Anforderungen sind hoch. Man muss ständig in Aktion sein, um die immer neuen Herausforderungen zu meistern – und die werden nicht weniger. Wir befinden uns in schwierigen, aber auch spannenden Zeiten für die Medienbranche. Diese Zeit des Wandels muss man aktiv gestalten und seine komplette Mannschaft mitnehmen. Gleichzeitig ist da noch das Privatleben, und in einer Familie gibt es ebenfalls keinen Stillstand, ganz im Gegenteil.

Gab es auch Momente, in denen du über einen Jobwechsel nachgedacht hast?

Ja. In 26 Jahren gibt es schon den einen oder anderen Moment, in dem man über einen Wechsel nachdenkt – aus den verschiedensten Gründen. Dazu gekommen ist es nie. Das kann man kritisch sehen, man kann es aber auch lassen. Ich denke, es ist mir in all der Zeit ganz gut gelungen, meinen Horizont weit und offen zu halten, über den Tellerrand hinauszublicken, offen für Neues zu bleiben und auch von anderen zu lernen. Letztlich habe ich mich bei den Fränkischen Nachrichten immer sehr wohlgefühlt – und tue es noch.

Wie wichtig sind deiner Meinung nach Eigeninitiative und Neugier für den beruflichen Aufstieg?

Sehr wichtig. Denn von Nichts kommt Nichts – und wer nur Dienst nach Vorschrift macht, der sticht auch nicht aus der Masse heraus. Letztlich sind Eigeninitiative und Neugier elementar – gerade in unserem Beruf. Das – und auch Kommunikationsfreude – muss in jedem Journalisten stecken, sonst wird’s nichts.

Was war die beste Entscheidung für deine berufliche Entwicklung?

Die liegt tatsächlich ganz am Anfang, vor mehr als 30 Jahren: Ein Praktikum zu machen und Freier Mitarbeiter zu werden. Wer Journalist werden will, muss so früh wie möglich den Fuß in die Tür bekommen und Praxiserfahrung sammeln. Der muss frühzeitig seine Fühler ausstrecken, Eigeninitiative zeigen und fleißig sein.

Worauf sollte ein Azubi achten, wenn er oder sie einmal Führungskraft werden will?

Darauf, dass er oder sie sich diese Frage gar nicht stellt. Zumindest nicht gleich während der Ausbildung. Zunächst einmal muss man sich mit dem, was man lernt, identifizieren und es wirklich gerne machen. Nur dann kann man seinen Job auch wirklich gut machen und irgendwann überhaupt als Führungskraft in Frage kommen. Erzwingen lässt sich das nicht.

Wie wichtig ist Teamarbeit für den Erfolg als Führungskraft?

Von höchster Wichtigkeit. Ein Chef kann so toll sein, wie er will – wenn seine Mannschaft nicht toll ist, sieht er alt aus. Deshalb geht es nur als Team, in dem letztlich alle an einem Strang ziehen. Das muss jeder Führungskraft klar sein.

Gibt es eine besondere Begebenheit aus deiner Volontärszeit, die Du uns verrätst?

Ich habe meine Frau bei den Fränkischen Nachrichten kennengelernt. Sie war Praktikantin in der Redaktion in Buchen, als ich gerade von meiner dreimonatigen Volo-Zeit beim Mannheimer Morgen zurückkehrte. Das war im Jahr 2000. 2010 haben wir geheiratet.

Wie war die Arbeit früher im Vergleich zu heute?

Es war eine ganz andere Arbeit als heute. Als ich 1999 als Volontär anfing gab es noch keine Digitalkameras, so gut wie keine E-Mails, im Grunde kein Internet. Texte kamen per Fax in die Redaktion, alles wurde per Hand erfasst. Kameras waren noch mit Film. Ich habe gefühlt ein Drittel meiner Volontärszeit in der Dunkelkammer verbracht, Filme entwickelt und im Labor Fotoabzüge erstellt. Ich könnte jetzt stundenlang erzählen, aber das sprengt den Rahmen. Im Prinzip hat sich gegenüber 1999 alles irgendwie verändert. Was aber definitiv bei den FN geblieben ist: der seriöse, saubere und an Fakten orientierte Lokaljournalismus.

Was würdest du heute anders machen, wenn du nochmal bei Null anfangen könntest?

Meine Gretchenfrage war immer – da bin ich ehrlich: Hätte ich studieren sollen, oder nicht? Die Frage stelle ich mir manchmal heute noch. Ob ich da etwas verpasst habe? Möglich. Keine Ahnung. Ist aber auch egal, denn die Frage, ob ich das anders machen würde, wenn ich nochmal davor wäre, hat nur eine Antwort: Nein.

DIESEN ARTIKEL TEILEN