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Maschinenbau: Drastischer Personalabbau nicht ausgeschlossen

Feb. 14, 2025 | Allgemein

Immer mehr Betriebe im Maschinenbau und in der Automobilindustrie melden Kurzarbeit an. © picture alliance/dpa
Immer mehr Betriebe im Land, darunter auch im Main-Tauber-Keis, melden Kurzarbeit an. Eine Trendwende ist laut Südwestmetall gegenwärtig nicht zu erwarten.

Von Klaus T. Mende

Main-Tauber-Kreis. Immer mehr Betriebe in Baden-Württemberg, darunter auch im Main-Tauber-Keis, melden Kurzarbeit an. Und eine Trendwende ist gegenwärtig auch nicht zu erwarten.

„Ja, ich kann bestätigen, dass die Kurzarbeit im Land derzeit massiv steigt“, sagt Jörg Ernstberger, Geschäftsführer von Südwestmetall in Stuttgart. „Für Firmen, die nicht tarifgebunden sind, können dadurch Beschäftigungsprobleme überrückt werden. Mit tarifgebunden Unternehmen gelten Tarifverträge, die eine Auszahlungsverpflichtung auf Kurzarbeitergeld vorsehen. Und diese Firmen gehen nicht in die Kurzarbeit, auch nicht vor dem Hintergrund, dass der Bezugszeitraum jetzt verlängert worden ist.“

Rahmenbedingungen Grund für die derzeitige Entwicklung

Grund für diese Entwicklung seien die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, so Ernstberger, die zahlreiche Unternehmen sehr belasteten. Dies zeigten auch die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage für die Metall- und Elektroindustrie im Land zu den Bedingungen am Standort Deutschland, die zwischen 7. und 25. Januar unter 414 Mitgliedsfirmen von Südwestmetall und Unternehmensverband Südwest mit etwa 300.000 Beschäftigten durchgeführt wurde. Rund 60 Prozent der Betriebe bewerten die aktuelle Lage als negativ und sehen auf Sicht keine Normalisierung derselben. Darüber hinaus geht die Mehrheit der Unternehmen augenblicklich von einem Personalabbau aus. Dieser Trend hat zur Folge, so ist der Auswertung zu entnehmen, dass über 50 Prozent teilweise in erheblichem Umfang weniger Investitionen im Inland planen. Gründe dafür sind zum einen hohe Kosten (76 Prozent), dazu wirtschaftspolitische Unsicherheit (66 Prozent) sowie Bürokratie (61 Prozent).

Im Gegenzug dazu gibt es verstärkt Pläne, um im Ausland zu erweitern, vor allem in Osteuropa (56 Prozent) sowie in Asien (40 Prozent). Hiervon sind im Übrigen nicht mehr allein Produktion und Fertigung betroffen, bei über einem Drittel der Firmen sind auch eine Verlagerung von Arbeitsplätzen denkbar. Ein deutliches Votum gibt es auch zu den Standortbedingungen hierzulande, sie werden von einer überwältigenden Mehrheit (96 Prozent) als schlechter eingestuft wie vor zehn Jahren. Um eine Trendwende einzuleiten, würde ein Konjunkturaufschwung allein nicht reichen. 74 Prozent fordern von der Politik eine grundlegende Verbesserung der Rahmenbedingungen. Und auch wenig überraschend: Bei Bedeutung und Bewertung von Standortfaktoren (etwa Bürokratie, Arbeitskosten, Energiepreise, Stand der Digitalisierung, Unternehmenssteuern oder Verfügbarkeit und Qualifikation von Arbeitskräften) gibt es keinen einzigen Faktor mit einem positiven Saldo.

Während die Unternehmen im Stadt- und Landkreis Heilbronn, die der Automobilbranche zugehörig sind, bereits seit geraumer Zeit unter diesem Negativtrend litten, führt Jörg Ernstberger weiter aus, seien die Folgen etwa im Maschinenbau erst im laufenden Jahr so richtig zu spüren, weil es hier andere Auftragseingangs- und Produktionszyklen gebe – wie im Main-Tauber-Kreis mit seinen vielen Eigentümer geführten Unternehmen.

Um aus dem Schlamassel herauszukommen, betont der Südwestmetall-Geschäftsführer, bedürfe es nun „eines klaren wirtschaftspolitischen Kompasses der neuen Bundesregierung“. Auch wenn derzeit das Thema Migration bei vielen auf der Agenda weit oben stehe, müsse der Schalter jetzt umgehend umgelegt und dem Bereich Wirtschaft noch viel mehr Beachtung geschenkt werden: „Wenn die Wirtschaft stark ist, haben wir auch ein starkes Land.“ Und dafür benötige es eines entsprechenden Konzepts, das auf eine breite Akzeptanz stoße. Konkret meine er damit, so Ernstberger, dass der Faktor Technologieoffenheit einen viel höheren Stellenwert bekommen solle, daneben komme die neue Regierung nicht umhin, Arbeits- und Energiekosten sowie Sozialabgaben zu senken, um für bessere Arbeitsanreize zu sorgen. Jeder weitere Zeitverlust sei hier kritisch zu sehen, so auch beim gerade für den Mittelstand so lästigen Bürokratieabbau, wo die Zuständigen endlich in die Gänge kommen sollten.

Schnellstmögliche Initialzündung notwendig

„Wir brauchen schnellstmöglich eine Initialzündung in vielen Bereichen, auch um im Zukunft im wirtschaftlichen Wettstreit mit den USA bestehen zu können – auch vor dem Hintergrund, dass Deutschland derzeit auf diesem Gebiet in Europa nach einigen Jahren Rezession viel Boden verloren hat“, bezieht Jörg Ernstberger klar Stellung. Deswegen: „Es braucht diesen Kompass ganz dringend, der uns einen Plan und eine Zielstruktur für unser Land aufzeigt.“ Dann gelte es, gemeinsam die Ärmel hochzukrempeln, um den Kahn wieder flottzukriegen.

Kurzarbeit: Gravierende Folgen für den Mittelstand drohen

„Die Fähigkeit, sich an neue berufliche Anforderungen anzupassen, wird entscheidend sein“, sagt Elisabeth Giesen, Leiterin der Agentur für Arbeit.

Von Klaus T. Mende

Main-Tauber-Kreis. „Die Zahl jener Firmen im Kreis, die Kurzarbeit beantragen müssen, steigt zunehmend“, betont Eisabeth Giesen, Leiterin der Agentur für Arbeit Schwäbisch Hall-Tauberbischofsheim. Die jüngsten Zahlen lägen für Juni 2024 vor. Demzufolge hätten zu diesem Zeitpunkt 1215 Arbeitnehmer in 30 Betrieben (Mai 2024: 1034 Arbeitnehmer in 26 Betrieben) kurz gearbeitet. Im Juni 2023 seien es 886 Beschäftigte in 21 Betrieben gewesen.

Zunahme der Kurzarbeit hat mehrere Gründe

Die Zunahme der Kurzarbeit habe mehrere Gründe. Zunächst sei die schwache Wirtschaftslage zu nennen. „Nicht nur in Deutschland, auch in anderen Ländern ist die Konjunktur schwach. Viele Unternehmen verzeichnen sinkende Auftragseingänge. Das trifft vor allem exportorientierte Firmen“, hebt Giesen hervor. Der Main-Tauber-Kreis habe viele mittelständische Unternehmen im Maschinenbau, in der Automobilzuliefer- oder Metallindustrie. Diese Branchen seien aktuell stark betroffen, aber auch andere Bereiche. „Der Strukturwandel und die erforderlichen Transformationsprozesse sind weitreichend und eine große Aufgabe für Betriebe.“ Des Weiteren seien die hohen Energie- und Materialkosten zu nennen: „Die gestiegenen Preise für Strom, Gas und Rohstoffe belasten die Betriebe. Dadurch werden Produkte teurer, dies führt zu sinkender Nachfrage.

Die Folgen könnten für den Mittelstand in der Region gravierend sein, sagt Elisabeth Giesen. Sie nennt konkret: Rückgang der Auftragseingänge in Branchen wie Maschinenbau und Automobilzulieferung; finanzielle Engpässe (steigende Produktionskosten durch hohe Energiepreise und Kosten für Material bei sinkenden Einnahmen); Unsicherheit bei Beschäftigten (viele bangen um ihre Arbeitsplätze, dies führt zu sinkendem Konsumverhalten); weniger Investitionen in Innovationen (Unsicherheit führt dazu, dass Unternehmen weniger in neue Technologien investieren, was langfristig die Wettbewerbsfähigkeit schwächen könnte); Druck auf Zulieferer/Dienstleister (Betriebe, die indirekt von der Industrie abhängen, etwa Logistik, Handel, spüren die Auswirkungen ebenfalls); Arbeitsmarkt (steigende Arbeitslosenzahlen, weniger Nachfrage nach Arbeitskräften, auf der anderen Seite können Stellen nicht besetzt werden, weil qualifizierte Arbeitskräfte fehlen).

Um die Wirtschaft zu stabilisieren, seien verschiedene Maßnahmen vorstellbar, wobei Politik und Gesellschaft gefordert seien. So könnten Investitionen in neue Technologien und Weiterbildung langfristig die Wettbewerbsfähigkeit sichern: „Investitionen in Zukunftsbranchen wie Erneuerbare Energien, Digitalisierung und Automatisierung bieten neue Chancen für Unternehmen und Arbeitsplätze, dazu Investitionen in neue Qualifikationen, besonders im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit“, erklärt die Leiterin. Zudem sei es ratsam, Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen – auch während der Kurzarbeit. „Es ist anzunehmen, dass der Arbeitsmarkt eine Seitwärtsbewegung machen wird – mit deutlichen Gewinnen und Verlusten in verschiedenen Branchen/Berufen. Während einige Sektoren Stellen abbauen, entstehen in anderen neue. Die Fähigkeit, sich an neue berufliche Anforderungen anzupassen, wird entscheidend sein.“

Es gibt auch Vorteile für den Standort Deutschland

Gerade Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, könnten mit dem Gedanken spielen, ihre Produktion in Länder mit niedrigeren Lohn- und Energiekosten zu verlegen. Damit würden wichtige Arbeitsplätze verloren gehen. „Allerdings gibt es auch Vorteile für den Standort wie die hohe Qualifikation der Beschäftigten und regionale Netzwerke und Innovationspotenzial.“

Die angespannte wirtschaftliche Lage bringe viele Herausforderungen mit sich. Auch die weltpolitische Lage trage dazu bei, dass die deutsche Wirtschaft großen Druck spüre. „Kurzfristig wird die Zahl der Menschen in Kurzarbeit vermutlich weiter steigen. Viele Firmen kämpfen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und können nicht alle Mitarbeiter im gewohnten Umfang beschäftigen. Eine kurzfristige Entspannung ist daher nicht zu erwarten“, führt Giesen aus. Mittelfristig könnte sich die Lage stabilisieren, wenn die Wirtschaft wieder an Fahrt gewinne. Das würde bedeuten, dass Unternehmen neue Aufträge bekämen und wieder mehr Menschen regulär arbeiten könnten. Gleichzeitig ergäben sich neue Chancen – neue Arbeitsplätze in zukunftssicheren Branchen wie erneuerbare Energien, Pflege, Bildung und IT entstünden. Digitalisierung, Automatisierung und Fachkräftequalifizierung könnten Impulse setzen.

„Auch wenn derzeit keine rasche Entspannung in Sicht ist, könnte der Main-Tauber-Kreis mit den richtigen wirtschaftspolitischen Entscheidungen gestärkt aus der Krise hervorgehen“, heißt es aus der Behörde. Es bleibe entscheidend, dass Politik, Unternehmen und Arbeitnehmern gemeinsam an Lösungen arbeiteten. Transformationsprozesse würden den Arbeitsmarkt 2025 weitreichend prägen und beträfen verschiedene Dimensionen der Wirtschaft, Technologie und Gesellschaft.

Während neue Arbeitsplätze oft in urbanen Zentren oder wachstumsstarken Regionen (etwa im Süden) entstünden, kämpften ländliche Gebiete mit Arbeitsplatzverlusten, besonders in Industrie und Landwirtschaft. Transformationsprozesse führten dazu, dass Beschäftigte in neue Branchen oder Regionen wechseln müssten, was hohe Flexibilität und Mobilität erfordere. Angesichts dieser Transformationsprozesse sei die kontinuierliche Weiterbildung zentral, um den Übergang in neue Berufe oder Branchen zu ermöglichen. Besonders gefragt seien Kompetenzen in Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Problemlösungsstrategien.

„Die Transformation des Arbeitsmarktes ist geprägt von tiefgreifenden Veränderungen in Technologie, Wirtschaft, Gesellschaft und Nachhaltigkeit. Die Herausforderungen sind vielfältig: von der Automatisierung in klassischen Industrien bis hin zur Anpassung an klimafreundliche und digitale Geschäftsmodelle. Regionen, Branchen und Berufe, die diese Veränderungen aktiv mitgestalten, werden langfristig zu den Gewinnern des Wandels zählen. Flexibilität, Innovationsbereitschaft und eine vorausschauende Qualifizierung der Arbeitskräfte sind dabei entscheidende Erfolgsfaktoren“, so das abschließende Fazit von Elisabeth Giesen.

Ein bis zwei Tage Kurzarbeit

Harald Gans, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Tauberbischofsheim, ist besorgt.

Main-Tauber-Kreis. „Auch wir beobachten einen Anstieg der Kurzarbeit in unseren betreuten Betrieben. Eine aktuelle Umfrage zeigt uns, dass etwa zwei Drittel der Unternehmen in der Metall- und Elektroindustrie und in Bereichen des Handwerks Kurzarbeit angemeldet haben. Nach Angaben wird im Durchschnitt eins bis zwei Tage in der Woche kurz gearbeitet“, sagt Harald Gans, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Tauberbischofsheim.

Gegenwärtige Lage wird als „nicht sehr gut“ eingestuft

Die derzeitige wirtschaftliche Einschätzung durch die Betriebsräte in den Unternehmen werde als „nicht sehr gut“ eingestuft. Die Beschäftigten in den tarifgebundenen Betrieben hätten aufgrund der Gültigkeit des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung weniger finanzielle Einbußen als Beschäftigte, bei denen kein Tarifvertrag zur Anwendung komme. ktm

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