Schreinerei Ulmrich fertigt in Niederstetten Hotelbetten für den bundesweiten Markt. Aktueller Großauftrag im Weikersheimer Logierhaus
Von Michael Weber-Schwarz
Niederstetten. In alten Zeiten hatten nur die Könige ein Bett – heute kann jeder wie ein Adliger schlafen. Wer stellt die Betten her? Betriebe wie die Schreinerei Ulmrich. Das mittelständische Unternehmen beliefert Hotels – bundesweit.
Schlafkomfort: Das ist ein Thema, bei dem jeder mitreden kann. „Wie man sich bettet, so liegt man“ – der viel gebrauchte Ausspruch zeigt, dass Betten und Matratzen eine große Bedeutung für die Menschen haben.
Schon die Griechen und Römer kannten Ruhemöbel, auf denen sie schliefen. Doch bis ins späte Mittelalter nächtigten die meisten Menschen auf Matten und Strohsäcken auf dem Boden. Das bequeme Bett, wie wir es heute kennen, war wenigen vorbehalten. Heute schlafen wir alle tatsächlich besser als die Könige und Prinzessinen alter Zeiten. In Hotels erwartet man einen gewissen Luxus samt stimmigem Design.
„Ulmrich“ aus Niederstetten baut solche Wohlfühlräume bundesweit. Nach Maß und nach den unterschiedlichsten Anforderungen von Kunden. Doch man muss nicht in die Ferne schweifen, bis man in einem Ulmrich-Bett schlafen kann. Referenz-Kunden in der weiten Tauber-Region sind „Das Bischof“ in Tauberbischofsheim, der „Landgasthof zum Hirschen“ Tauberrettersheim und das „Hotel Weinstube Lochner“ in Markelsheim. Jetzt kommt noch ein eher ungewöhnliches „Hotel“ dazu: das „Logierhaus“ der Musikakademie Schloss Weikersheim (über 30 000 Übernachtungen im Jahr). Ab November liefert die Firma Ulmrich dorthin neue Betten und baut sie passgenau auf.
„Bislang haben wir hier vorwiegend Dreibettzimmer“, erklärt Tanja Denninger, die Leiterin des Logierhauses. Untergebracht werden dort Kursteilnehmer der Jeunesses Musicales Deutschland. Neue Betten gab’s zuletzt um 1980 herum. Jetzt sollen es wieder Betten sein, die mehrere Jahrzehnte halten müssen – die Zusammenarbeit mit Profis ist da die logische Konsequenz. Im Zimmerbereich werden rund 60 moderne Boxspringbetten eingebaut. Im Dachgeschoss gibt es Mehrbettzimmer im Jugendherbergs-Stil. Dort baut Ulmrich auch wieder rund 30 Stockbetten ein. „Weil einige Gäste sich genau dieses Jugendherbergs-Gefühl wünschen“, weiß Tanja Denninger.
Mit dem Kran in die Liege-Säge
Für die Schreinerei Ulmrich ist das durchaus ein Großauftrag. Oft lassen die Kunden in der ganzen Republik nur nach und nach einige ihrer Hotelzimmer um- und nachrüsten, erklärt Geschäftsführer Dirk Schwitt. Er hat das alteingesessene Unternehmen als Quereinsteiger von Schreinermeister und Firmengründer Klaus Ulmrich als Betriebsnachfolger übernommen. Ulmrich selbst arbeitete in der Übergabephase noch ein Jahr lang mit – auch der langjährigen Kundenbindung wegen.
Einblicke in die Schreinerei in der Niederstettener Austraße: Dirk Schwitt und Schreinermeister Jürgen Fischer – er ist der Fertigungsleiter – erläutern die Arbeitsschritte vom Rohmaterial bis zum fertigen Bett samt Drumherum. Es sind riesige Platten aus Furnier- oder Massivholz, die mit einem großen Saugnapf per Deckenkran in ebenfalls großen „liegenden“ Platten-Sägemaschinen bugsiert werden. Der Computer hilft beim exakten Schnitt – zumindest die Bretter fürs Bettgestell kommen recht zügig wieder aus der Säge heraus. Dann beginnt das Feintunig: Nuten-Fräsen, CNC-gestützte Bearbeitungen samt Bohrungen für die Dübel und Verbindungsschrauben. Wo pures Holz verwendet wird, muss noch gehobelt und geschliffen werden. Das Lackieren und Nachschleifen ist Handarbeit und erfordert Augenmaß.
Jürgen Fischer ist einer von drei Meistern bei „Ulmrich“ in Niederstetten. Im Bild ist ein Stockbett aus Massivholz zu sehen, wie es baugleich für die Mehrbettzimmer des Weikersheimer „Logierhauses“ vorgesehen ist. © Michael Weber-Schwarz
Am Ende wie aus einem Guss
Und genau darum geht es: Natürlich ist vieles normgerecht, doch „Hoteleinrichtungen nach Maß“, das ist die Mission von Ulmrich. Alles muss natürlich nach dem Aufmessen vor Ort schließlich wieder genau dort hin. Wandkrümmungen, Winkel in Altbauten, die eben doch nicht exakt sind, dafür braucht es viel Erfahrung und Expertise, denn es soll ja am Ende alles wie aus einem Guss sein, samt Farb- und Dekorgestaltung, bis zu Nachttisch und Minibar. Und: Auch in zehn oder zwanzig Jahren müssen die Handwerker noch wissen, was sie wann und wie verbaut haben – etwa, wenn es einmal einen Wasserschaden gibt und Teile erneuert werden müssen.
Dafür braucht es, so Dirk Schwitt, jede Menge kreative Köpfe, Organisationstalente und geschickte Hände. Im Ulmrich-Team fließen Fachkompetenzen aus verschiedenen Bereichen zusammen: von Design und Planung über Produktion und Montage bis hin zu Beratung und Vertrieb. Es herrscht Familienbetriebsatmosphäre unter den rund 20 Mitarbeitern. Man ergänzt sich gegenseitig und unterstützt die Kollegen, wo immer es geht. „Dass wir dabei eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur pflegen, versteht sich von selbst“, betont der Geschäftsführer, denn nur so erreiche man das, worauf alle hinarbeiten: moderne Raumkonzepte, flexible Einbaulösungen und Wohlfühlambiente.
Der Markt ist nicht eben einfach, doch die Viel-und-Billig-Schiene wolle er nicht fahren, hält Schwitt fest. Der Kundenkreis ist über Jahrzehnte hin gewachsen und da wird voller Einsatz auch bei kleineren Gewerken erwartet. Das Ass im Ärmel sei unbedingte Zuverlässigkeit. „Es kommt auf den guten Ruf an“, so der Geschäftsführer. Dann nämlich werde man auch weiterempfohlen, komme an neue Auftraggeber.
Die Belegung des Weikersheimer Logierhauses steuert die Jeunesses Musicales. Hier musste sich Ulmrich unter potenziellen Mitbewerbern durchsetzen; auch dabei spielt die große Erfahrung und die Fertigungskapazität eine Rolle. Rund 90 „Schlafplätze“ sind es insgesamt. Und die muss man in einem umrissenen „Einbau“-Fenster auch erst einmal realisieren können. Einen längeren Leerlauf kann sich nämlich das Logierhaus wiederum nicht leisten.
Modern und schick: In einem Showroom zeigt die Schreinerei, was im Bereich Hoteleinrichtungen alles möglich ist. © Michael Weber-Schwarz
Zwischen Funktion und Erlebnis
Der individuelle „Erlebniswert“ dürfte beim Logierhaus nicht die Hauptrolle spielen. Dort steht Funktionalität im Vordergrund. Trotzdem sollen sich die Akademiegäste in den neu gestalteten Räumen natürlich auch wohlfühlen.
Im genuinen Hotel(betten)bau geht es aber oft ums Erlebnis. Von der Stange ist nicht erwünscht, sondern das Gegenteil: Ankommen und Wohlfühlen steuert sich über das Zimmer, in dem man übernachtet. Ferienwohnung, Pension oder Wellness-Resort: Letztendlich geht es bei jeder Art von Unterkunft darum, einen besonderen Ort und Moment für den Gast zu schaffen. „Wir planen und realisieren maßgefertigte Lösungen, die genau auf Ihre Bedürfnisse (und die Ihrer Gäste) zugeschnitten sind – von der ersten Skizze bis zur Montage vor Ort“, hält Ulmrich in einem Imagepapier fest.
Die meisten Projekte beginnen für die Kunden mit einem Besuch im Showroom in Niederstetten. Dort können sich die Hoteliers auf mehr als 600 Quadratmetern anhand von 18 exemplarischen Hotelzimmern samt Einrichtungen in unterschiedlichen Designs ihre erste Inspirationen holen. Von Hotelmöbeln und Dekoration bis hin zu Wandbekleidungen und Bettbezügen – hier findet sich alles, was man für einen „Wohlfühlraum auf Zeit“ braucht und das zum Anfassen.