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Strohballenhaus in Hirschlanden: So klappt nachhaltiges Bauen

Feb. 14, 2025 | Allgemein

So sieht das Strohballenhaus in Hirschlanden von außen aus. Auf ein Jahr Planung folgte eine einjährige Bauphase. © Architekturbüro Klärle
Steffen Bender vom Architekturbüro Klärle aus Bad Mergentheim hat in Hirschlanden das erste Strohballenhaus der Region geplant. Der Bauherrin war Nachhaltigkeit sehr wichtig.

Von Nicola Beier

Hirschlanden. Nachhaltiges Bauen mit regionalen, nachwachsenden Rohstoffen? Und dazu noch energieeffizient? Das klappt mit einem Strohballenhaus ganz einfach, denn die Hauptmaterialien sind dabei Stroh, Holz und Lehm. Ein so klimafreundliches Wohnhaus steht seit April 2024 in Hirschlanden. Die Bauherrin, die namentlich nicht genannt werden möchte, entwarf das Gebäude zusammen mit dem Architekturbüro Klärle aus Bad Mergentheim.

Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Strohballenhaus und einem herkömmlichen Gebäude? „Das Haus hier in Hirschlanden ist als Skelettkonstruktion konzipiert. Das heißt wir haben einen Holzbau. Anstelle der konventionellen Dämmarten wie mineralische Baustoffe oder Holzbaustoffe werden hier aber Strohballen direkt aus der Presse des Bauern zum Dämmen verwendet“, erklärt Steffen Bender vom Architekturbüro Klärle aus Bad Mergentheim im Gespräch mit den Fränkischen Nachrichten. Beim Haus in Hirschlanden ist das Holz das tragende Element. Es gibt aber auch gebaute Beispiele in Österreich, bei denen das Stroh die Last des Daches trägt. „Da ist man stark vom Rohstoff abhängig. Es macht einen Unterschied, welche Art von Stroh man verwendet“, fügt Bender an. Denn je nach Strohart unterscheide sich dieses in der Robustheit und Sprödigkeit.

So ist die Idee für das Strohballenhaus entstanden

„Die Idee zu diesem Haus hatte mein Bruder“, erklärt die Bauherrin gegenüber den FN. Dieser hatte sich von der alten Bauweise inspirieren lassen: „Ich habe mich damit bereits bei meinem eigenen Haus beschäftigt. Dort haben wir mit Zellulose, Holz und Lehm gearbeitet“, blickt der Bruder zurück. Im Gespräch mit seiner Schwester seien sie auf dieses Thema gekommen. Die Bauherrin hatte für sich entschieden, dass ihr Wohnhaus mit Stroh gedämmt werden soll. Dabei sei ihr vor allem der Nachhaltigkeitsaspekt wichtig gewesen. Denn sowohl Stroh als auch Holz sind nachwachsende Materialien, mit denen man bereits vor hunderten von Jahren gebaut hat.

Nachem die Idee für das Strohballenhaus geboren war, ging die Bauherrin mit diesem Wunsch auf das Architekturbüro Klärle zu. „Wir kannten das, hatten es zuvor aber noch nicht umgesetzt“, blickt Architekt Steffen Bender zurück. Da es bei Stroh keinen Hersteller gibt, der die Vor- und Nachteile dieses Baustoffes aufzeigt, hat sich der Architekt über Veröffentlichungen von Instituten und den Bund informiert. „Es gibt eine gute Grundlagenforschung. Da werden Konstruktionsbeispiel und Empfehlungen untersucht“, erklärt er. Diese habe Bender studiert und anschließend überlegt, wie man das Wissen in der Praxis in Hirschlanden anwenden könne.

Das sind die Vorteile von Stroh als Baustoff

„Für herkömmliche Einfamilienhäuser lässt sich Stroh problemlos als alternativer Dämmstoff verwenden“, war man sich beim Architekturbüro Klärle schnell einig. Das Stroh habe den Vorteil, dass es im Winter die Wärme gut speichert und im Sommer durch die Masse des Strohs die Hitze draußen halten kann. Nur bei den Maßen unterscheidet sich ein Ballen natürlich von einem Mauerstein. Der verbaute Strohballen in Hirschlanden hatte in etwa die Maße 95x50x38 Zentimeter. „Das muss man natürlich relativ früh in die Planungsphase mit einbeziehen“, erläutert der Architekt.

So sieht die Bodenplatte des Hauses aus: Die Bauherrin und deren Familie verlegten die Strohballen selbst. © Architekturbüro Klärle

Insgesamt habe die Planung für das Gebäude rund ein Jahr in Anspruch genommen. Ein weiteres Jahr habe man dann für den Bau benötigt. Das Stroh lieferte ein Bauer von nebenan. „Das war mir persönlich sehr wichtig und hat sich angeboten, da der Kontakt zum Bauern bereits bestand“, erinnert sich die Bauherrin. Das Holz kam von einer Zimmerei aus Wittighausen. Die Bauherrin und deren Familie haben auch in Eigenleistung am Haus gearbeitet: „Mit Unterstützung der Familie meines Bruders haben wir an einem Wochenende 240 Strohballen im Boden des Hauses selbst verlegt“, blickt sie zurück. Insgesamt wurden im Gebäude etwa 360 Ballen verbaut. Bodentiefe Glasfenster auf der Rückseite lassen einen weiten Blick auf die Natur zu. Im Gegenzug können Sonnenstrahlen in die Räumlichkeiten fallen und erzeugen eine angenehme Atmosphäre. Über eine Terrasse gelangt man in den Garten. Das einstöckige Haus ist auf Holzständern gebaut und ist barrierefrei zugänglich. Und auch beim Dach wurde neben der installierten PV-Anlage auf Nachhaltigkeit geachtet: So wurde Zellulose als Dämmstoff verwendet. Dieser besteht aus zerissenem Altpapier.

Die freiliegenden Holzbalken verleihen dem Wohnbereich eine angenehme Atmosphäre. Im Boden ist eine Fußbodenheizung verlegt. © Architekturbüro Klärle

Im Bau aufwendiger war das Strohhaus nicht, meint Architekt Bender: „Es kommt wahrscheinlich stark darauf an, wie man das Haus konzipiert. Hier hatten wir eine hybride Bauweise als Skelettbau. Entsprechend war das Stroh ein Dämmstoff wie die konventionellen auch, und es lässt sich genauso verwenden.“

Brennt ein Strohhaus wirklich schneller ab?

Natürlich gibt es auch Vorurteile gegenüber Stroh als Baustoff, zum Beispiel, dass ein solches Haus schneller abbrennt. Dem kann Architekt Bender nicht zustimmen: „Das ist eine einfache Denkweise. Auch andere Baustoffe können brennen. Es kommt also immer auf die Art und Weise an, wie man das Stroh ein- und verbaut.“ Die 42 Zentimeter dicken Wände in Hirschlanden sind monolithisch aufgebaut: Das heißt, neben dem Dämmstoff Stroh gibt es innen einen Lehmputz und außen einen Kalkputz, der in direkter Verbindung mit dem Stoh die Wand bildet. „Das ist der ,Brandschutz’, den Sie bei anderen konventionellen Dämmstoffen auch in irgendeiner Form brauchen“, erklärt Bender.

Auch vor Schimmel in den Wänden müssen sich potenzielle Strohhäuslebauer keine Sorgen machen. Das Haus in Hirschlanden verfügt über eine offene Bauweise. „Feuchte kann eindringen und wieder austrocknen“, beschreibt der Architekt. Der Lehmputz reguliert die Feuchtigkeit und sorgt für ein angenehmes Raumklima. In der Praxis zeige sich, dass die Wand in manchen Perioden mehr mit Feuchtigkeit belastet ist als in anderen. „In den Heizmonaten trocknet es nach innen und in den Sommermonaten dunstet es nach außen aus“, erklärt Bender. „Gerade aktuell ist es ein wirklich schönes Raumklima“, betont die Bauherrin.

„Von Mäusen und anderen Tieren habe ich bisher auch nichts mitbekommen“, sagt die Bauherrin lachend. Denn man könnte meinen, dass auch diese Tiere sich gerne in Stroh einnisten. Der Schutz vor Schädlingsbefall müsse im Zuge der Detailplanung berücksichtigt werden und sei dann, wie auch bei konventionellen Konstruktionen, sichergestellt, so Bender.

So teuer ist ein Strohballenwohnhaus

Die Baukosten für ein Strohballenhaus sind mit denen eines konventionellen Hauses vergleichbar. „Der Rohstoff Stroh ist sehr günstig. Da zahlt man für den Ballen Centbeträge. Und wenn man dann noch in Eigenleistung mithilft, ist es sehr wirtschaftlich“, kalkuliert Bender. Bleibt abschließend die Frage nach der Lebensdauer eines Strohballenhauses. Aus planerischer und ökologischer Sicht sei es wichtig, Gebäude Instand zu halten. Das beuge Schäden vor und gelte unabhängig vom Baumaterial, erklärt der Architekt. Und die Bauherrin fügt an: „Solche Häuser aus Stroh und Lehm wurden bereits vor hunderten von Jahren gebaut. Und sie stehen heute immer noch.“ Deshalb wünschen sich die Bauherrin und ihr Bruder auch mehr solcher Häuser in der Region. „An diesem Haus sieht man, dass es klimafreundlicher und nachhaltiger geht. Und das Ergebnis ist genauso gut“, sagt der Bruder.

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