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„Wenn sich die Bedingungen nicht ändern, wird es schwierig“

März 10, 2025 | Allgemein

Katrin und Kurt Meidel vor ihrer Gaststätte „Linde“ in Gerolzahn. Um sich auf den Ruhestand vorzubereiten, hat das Ehepaar das gastronomische Konzept geändert. Ein Beispiel, das zeigt: Das Gastronomie-Sterben ist traurige Realität. © Maren Greß
Nach über 40 Jahren stellen Kurt und Katrin Meidel den Regelbetrieb in ihrem Gasthaus „Linde“ in Gerolzahn altersbedingt ein. An einem Beispiel zeigen wir: Das Gastronomie-Sterben ist traurige Realität.

Von Maren Gress

Gerolzahn. An der Decke des Gastraums der „Linde“ in Gerolzahn hängen an jenem Aschermittwoch noch die Überreste der Fastnachtsdeko. „Wir müssen das erst einmal sacken lassen“, sagt Kurt Meidel im FN-Gespräch. Am 28. Februar hatte sein Gasthaus das letzte Mal regulär geöffnet. Es sei ein schöner Abschied gewesen, bei dem auch die eine oder andere Träne geflossen sei, erzählt der Koch. Hinter ihm und seiner Frau Katrin liegen harte Monate. Seit bekannt wurde, dass die „Linde“ ihr gastronomisches Konzept ändert und nur noch zu den sogenannten „Genuss-Wochen“ geöffnet hat, hätten die Gäste ihnen „die Bude eingerannt“. Jetzt heißt es durchschnaufen, aufräumen und die freie Zeit genießen. „Meine Frau hat Mitte März Geburtstag. Da fahren wir weg“, sagt Kurt Meidel. Über 40 Jahre lang hat das Ehepaar das beliebte Gasthaus auf der Walldürner Höhe betrieben. Mit den „Genuss-Wochen“ wollen sie sich auf den Ruhestand vorbereiten. Denn die Meidels sind inzwischen fast 70. Sohn Christoph hat zwar Koch gelernt, will den elterlichen Betrieb aber nicht übernehmen. „Ich will niemanden zureden, dass machen zu müssen“, sagt Kurt Meidel. So werden sie das Gebäude wahrscheinlich irgendwann zum Verkauf anbieten müssen.

Gastronomie: Gestiegene Preise, fehlendes Personal und überbordende Bürokratie

So wie den Meidels ergeht es vielen Gastronomiebetrieben in der Region. Unter anderem hat das Gasthaus „Zum Lamm“ im benachbarten Hornbach im vergangenen Jahr zu gemacht, weil die Betreiber keinen Nachfolger gefunden haben. Kurt Meidel führt das Sterben der Gastronomie auf die gestiegenen Preise, das fehlende Personal und die überbordende Bürokratie zurück. „Wenn sich die Rahmenbedingungen nicht ändern, wird es schwierig“, ist er überzeugt. Er nennt ein Beispiel: An einem normalen Tag am Wochenende brauche er vier Mitarbeiter – zwei in der Küche und zwei im Service. „Das sind in der Stunde reine Personalkosten von über 100 Euro“, rechnet Meidel vor. Hinzukommen die gestiegenen Kosten für Wasser und Strom. „Das Geld muss man erst einmal wieder erwirtschaften“, sagt der erfahrene Gastronom. Auch die Bürokratie habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. „Ich muss beispielsweise jeden Tag die Temperatur meiner Kühlung dokumentieren, falls das irgendwann einmal nachgeprüft wird“, erklärt Meidel. Er würde sich wünschen, dass man zwischen selbstständig geführten Gastronomiebetrieben und Betrieben, die durch einen Geschäftsführer geleitet werden, differenziere. Denn: Ein selbstständiger Gastronom, der auch noch Koch ist, habe die gleichen bürokratischen Aufgaben zu erledigen, wie einer, der nur geschäftsführend tätig ist.

Beim Thema Personal komme hinzu, dass viele, insbesondere junge Menschen, nicht mehr am Wochenende arbeiten wollen. Außerdem seien nur noch wenige Leute dazu bereit, kurzfristig einzuspringen. Bedienen, Abräumen, Ausschenken, Spülen, Servietten falten, und das alles unter Zeitdruck, das wollen immer weniger.

Konzept auf „Genuss-Wochen“ umgestellt

Für Samstage und Sonntage, wenn sowohl mittags als auch abends geöffnet ist, arbeite man deshalb in zwei Schichten. „So muss keiner den vollen Tag arbeiten“, erläutert Katrin Meidel. Ihr Mann nickt einhellig. Man merkt den beiden an, dass sie als Team super funktionieren. „Anders geht es in diesem Job auch nicht“, sagt Kurt Meidel. Das Ehepaar will nun die viele Zeit gemeinsam mit ihren Enkeln genießen, freuen sich aber auch auf die „Genuss-Wochen“. Im Mai geht es mit Spargel los. „Das ist ja ein Probejahr. Ich bin gespannt, wie es angenommen wird“, betont Kurt Meidel. Viele langjährige Gäste können es auf jeden Fall nicht erwarten: Die ersten haben schon für die „Genuss-Wochen“ zu Gans und Ente im November einen Tisch reserviert…

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