„Warema bekennt sich zum 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens“, sagt Hildegard Frommherz, zuständig für Nachhaltigkeit. Wie das Unternehmen die CO2-Emissionen senkt, erläutert sie den Fränkischen Nachrichten.
Von Gerd Weimer
Wertheim/Marktheidenfeld. Um den Klimaschutz voranzutreiben, hat die Bundesregierung ein ehrgeiziges Ziel ausgegeben: Bis 2045 soll die Treibhausgasneutralität hergestellt werden. Der Ausstoß von Kohlendioxid in die Atmosphäre darf dann die Menge des Klimagifts, das in der Umwelt gebunden wird, nicht überschreiten. Für die Industrie bedeutet dies eine große Herausforderung.
Die leistungsstarken, aber auch energieintensiven mittelständischen Betriebe in Wertheim und Umgebung sind besonders betroffen. Warema, das Marktheidenfelder Unternehmen, das in Wertheim-Bettingen ein Werk betreibt, legte vergangene Woche den mittlerweile zweiten Nachhaltigkeitsbericht vor, in dem es unter anderem um die Themen Klimaschutz und Energiewende geht.
„Ressourceneffizienz, Energieverbrauch und Emissionsreduktion gehören zu den wichtigsten Themen der täglichen Arbeit des Unternehmens und haben Einzug in das Selbstverständnis der Warema Group gefunden“, schreibt Unternehmenschefin Angelique Renkhoff-Mücke im Vorwort des 44-seitigen Papiers. Über die konkreten Maßnahmen und Ziele sprachen die Fränkischen Nachrichten mit Hildegard Frommherz, beim Sonnenschutz-Spezialisten zuständig für den Bereich „Corporate Sustainability“.
Theoretisch können Unternehmen ihre Klimaziele durch Kompensation erreichen, indem sie beispielsweise CO2-Zertifikate aus Klimaschutzprojekten kaufen, ähnlich wie es Flugreisenden möglich ist. Weil diese Projekte wegen der fehlenden Transparenz kontrovers diskutiert werden, wolle man diesen Weg bei Warema allerdings nicht gehen. „Greenwashing“, sich also einen grünen Anstrich geben, ohne nachweislich umweltfreundlich zu sein, werde man nicht betreiben. Vielmehr setze Warema bewusst auf Reduktion.
Energieintensives Aluminium
Zudem müsse beachtet werden, dass das hauptsächlich verwendete Vorprodukt Aluminium in der Herstellung sehr energieintensiv ist. Deswegen sei es derzeit noch nicht möglich, den genauen Zeitpunkt zu prognostizieren, ab dem Warema klimaneutral arbeiten wird, so Hildegard Frommherz. „Für den Zeitraum bis 2030 haben wir uns jedoch im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsstrategie ambitionierte Reduktionsziele vorgenommen, welche wir konsequent verfolgen“, erklärt sie.
Wenn es um Bereiche geht, die man eigenständig steuern könne, seien diese Ziele einfacher zu erreichen. „Bei der Beleuchtung, der Wärmeversorgung in den Gebäuden oder dem Energiebedarf der Computer finden wir immer wieder Wege zur Optimierung und haben bereits einiges umgesetzt“, erläutert die Managerin. „Wir wollen und können allerdings nicht bei unseren Produkten auf den wichtigsten Werkstoff Aluminium verzichten“, erläutert sie die speziellen Herausforderungen bei Warema.
Das Leichtmetall mache „rund 70 Prozent der Kohlenstoffemission in der Sparte Sonnenschutz aus“. Deswegen sei man auf „Innovationen und neue Möglichkeiten bei der Herstellung von Aluminium angewiesen.“
Schon jetzt kaufe man CO2-armes Aluminium zu, bei dessen Herstellung erneuerbare Energie oder ein größerer Anteil an wiederverwertetem Material verwendet wird. „Die Hersteller finden auf diesem Gebiet gerade neue Wege“, so Hildegard Frommherz. Beispielsweise komme in Norwegen, das zu den weltweit größten Produktionsländern gehört, vor allem Strom aus Wasserkraft zum Einsatz. „Bei der Lieferkette lässt sich damit der CO2-Ausstoß erheblich verringern, was uns zugutekommt“, erklärt sie. „Den höheren Preis nehmen wir in Kauf und sehen das als Invest in das Thema Nachhaltigkeit.“
Eigene Solarenergie
Weitere Investitionen betreffen die Erzeugung von Solarenergie. Schon 2021 ging die PV-Anlage auf dem Dach des Logistikzentrums in Betrieb. An den Produktionsstandorten Marktheidenfeld und Limbach-Oberfrohna wurden drei weitere PV-Anlagen installiert. Zusammen produzieren diese jährlich 2,8 Gigawattstunden Strom und führen laut Nachhaltigkeitsbericht zu einer Einsparung von rund 750 Tonnen CO2-Emissionen pro Jahr. Insgesamt, räumt Hildegard Frommherz ein, beträgt der Anteil des selbsterzeugten Stroms allerdings unter zehn Prozent für das Jahr 2023. „Mit den neu installierten und geplanten PV- Anlagen werden wir diesen Anteil deutlich steigern.“
Die günstigste Energie ist jene, die nicht verbraucht wird. Deswegen identifiziere man bei Warema Stromfresser, und suche nach verbrauchsärmeren Lösungen. In den älteren Gebäuden habe man bei der Beleuchtung auf LED umgestellt und setzte mehr und mehr auf Bewegungsmelder.
Verbrauchsspitzen würden analysiert und optimiert. Für die Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten setzt Warema auf den Einsatz von Energiescouts, aber auch die Mitarbeiter machten immer wieder Vorschläge für Energieeinsparungen. Um sie umzusetzen, greife Warema auf ein EDV-gestütztes Ticketsystem zurück.
Mit großer Aufmerksamkeit verfolge man die Aktivitäten der Wasserstoffallianz H2 Main-Tauber. Die plant die Erzeugung von grünem Wasserstoff. „Wir sind gespannt, was in Wertheim entsteht. Für uns ist das Projekt von großem Interesse“, so Hildegard Frommherz.
Konkrete Zielwerte
Konkret hat sich das Unternehmen vorgenommen, bis 2030 die CO2-Emissonen, die aus Quellen entstehen, die vom Unternehmen direkt kontrolliert werden – zum Beispiel Verbrennung fossiler Brennstoffe in Firmenfahrzeugen oder Heizungen – und solche, durch die Erzeugung von etwa eingekauftem Strom entstehen, um 42 Prozent zu senken. Emissionen aus der vorgelagerten Wertschöpfungskette, wie sie beispielsweise bei der Herstellung des verwendeten Aluminiums entstehen, sollen um 25 Prozent sinken – ausgehend vom Basisjahr 2021. Bei der Erreichung ist die Warema-Gruppe auf einem guten Weg, wie die Zahlen zeigen. Das hängt aber teils mit der schwächelnden Konjunktur zusammen. Steigt die Produktionsmenge, müssen die Emissionen trotzdem anteilig sinken.
Die Ziele basieren auf der Systematik der wissenschaftsbasierten Initiative SBTI. Damit soll sichergestellt werden, dass Unternehmen ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele leisten. Basis ist das Pariser Klimaabkommen, mit dem sich 195 Staaten vorgenommen haben, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf 1,5 Grad Celsius anzustreben. „Warema bekennt sich zum 1,5 Grad-Ziel des Abkommens“, so Hildegard Frommherz.