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„Wir erwarten Klarheit für den Industriestandort“

Dez. 16, 2024 | Allgemein

Kommunikationschef Marcus Loistl, CEO Thomas Mühleck und Beiratsvorsitzender Rainer Kurtz. Bild: Gerd Weimer
Kurtz-Ersa-Chef Thomas Mühleck äußert sich im Interview zur Bundespolitik und den drohenden globalen Handelskonflikt.

Wertheim. Es sind schwierige Zeiten für die deutsche Industrie. Die Fränkischen Nachrichten unterhielten sich mit Kurtz-Ersa-Chef Thomas Mühleck über die politischen Rahmenbedingungen.

Von Gerd Weimer

Herr Mühleck, am 23. Februar gibt es vorgezogene Bundestagswahlen. Was erwarten Sie von der neuen Regierung?

Thomas Mühleck: Klarheit für den Industriestandort Deutschland. Rahmenbedingungen, die verlässlich sind, und die nicht nach kurzer Zeit wieder geändert werden. Es braucht eine klare Strategie, in welche Richtung die Regierung gehen möchte und wie die Ziele umgesetzt werden. Es steht die Frage im Raum, ob der Industriestandort Deutschland überhaupt noch gewünscht ist.

Gibt es denn jemanden, der das in Frage stellt?

Mühleck: Die angestrebte Dekarbonisierung, also der Weg hin zur klimaneutralen Produktion, ist nicht mit der von Teilen der Politik gewünschten Radikalität umzusetzen. Hinzu kommen andere Themen wie wettbewerbsfähige Steuern, bezahlbare Energie, Flexibilität im Arbeitsmarkt. Diese Themen sollten Teil eines politischen Plans sein.

Glauben Sie nicht, dass ein Industriestandort wie Deutschland bis 2045 klimaneutral produzieren kann, wie es die Bundesregierung festgelegt hat?

Mühleck: Daran habe ich keinen Zweifel. Aber die Maßnahmen, die getroffen worden sind, waren eher kurzfristiger Natur, zu radikal und zu schwankend. Wie gesagt: Es fehlt der klare Plan.

Den erwarten Sie.

Mühleck: Schon, aber offenbar interessiert das bei der Politik keinen. Der Mittelstand in Deutschland wird nicht gehört.

Ich höre eine gewisse Frustration heraus?

Mühleck: Nein, ich bin eher entspannt. Das sind für mich die Rahmenbedingungen. Ich habe das so erkannt und deswegen stecke ich keine Energie hinein. Wir haben beispielsweise auf die hohen Energiekosten hingewiesen, auch auf die Probleme mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Erfolglos. Offenbar leben die politisch Verantwortlichen in einer eigenen Blase.

Die deutsche Industrie schwächelt. Betroffen sind vor allem die Autozulieferer. Ein Grund dafür ist offenbar, dass die Autobauer bisher zu wenig Erfolg bei der Umstellung auf E-Mobilität hatten. Wie wirkt sich das auf Kurtz Ersa aus?

Mühleck: Etwa 40 Prozent der Umsatzerlöse bei uns kommen direkt oder indirekt aus der Automobilbranche. Die Krise wirkt sich momentan schon sehr stark aus. Es treffen sehr wenige Bestellungen aus dem Bereich ein. Zu der Krise tragen nicht nur Versäumnisse in der hiesigen Automobilbranche bei. Es gibt zwei politische Einflussfaktoren: Einerseits subventioniert der chinesische Staat massiv die Produktion der E-Autos. Ein dem VW-ID4 vergleichbares oder sogar besser ausgestattetes Fahrzeug kostet in China nur rund 15000 Euro, also ein Viertel des deutschen Preises. Die Hersteller dort machen starke Verluste. Ich glaube nicht, dass der chinesische Staat das auf Dauer durchhalten kann. Ein weiterer politischer Faktor: In Deutschland herrscht Verunsicherung, was die Zukunft der E-Mobilität angeht. Diese Verunsicherung hat zum kompletten Stopp von Investitionen geführt. Es fehlt an Klarheit.

Es gibt in der Politik Stimmen, die sagen, dass Wasserstoff oder E-Fuels, also synthetisch erzeugte Kraftstoffe, eine Alternative sein könnten. Was halten Sie davon?

Mühleck: Ich bin grundsätzlich technologieoffen. Beim Thema Wasserstoff wurde viel geforscht, bisher ohne durchschlagenden Erfolg. Ich glaube nicht, dass er noch eintreten wird. Wenn man so lange erfolglos an Technologien forscht, muss man sich irgendwann fragen, wo der positive Impuls herkommen soll. E-Fuels sind schwierig einschätzen. Darüber, ob sie zu einer wirksamen CO2-Reduzierung im Individualverkehr führen, wird gestritten. Wenn dem objektiv belegbar so ist, muss man diese Technologie auch konsequent fördern.

Mit der neuen Trump-Regierung droht es zu einem Handelskonflikt mit China zu kommen, der sich global ausweiten könnte. Wird das auch Auswirkungen auf Kurtz Ersa haben? Der asiatische Markt ist für das Unternehmen ja sehr wichtig.

Mühleck: Aus meiner Sicht hat Trump sich volkswirtschaftliche Ziele gesetzt, die sich widersprechen. Es wird nicht funktionieren, weil es gegenläufige Effekt hat.

Sie spielen darauf an, dass hohe Zölle die Preissteigerung anheizen.

Mühleck: Genau. Trump ist auch wegen der relativ hohen Inflation in den USA gewählt worden und hat versprochen, sie im Zaum zu halten. Er kann Marktgesetze nicht außer Kraft setzen und wird entsprechende Prioritäten setzen müssen.

Trump droht auch Mexiko und Kanada mit Zöllen. In Mexiko haben sie ein Werk etabliert. Sehen Sie Gefahren für diese Investition?

Mühleck: Wir haben unser dortiges Engagement mit einer sogenannten IMMEX-Zertifizierung abgesichert. Wir verwenden bei der Fertigung in Mexiko Vorprodukte, die wir in den USA kaufen. Nach IMMEX können wir unsere Endprodukte problemlos wieder in die USA einführen. Die Wertschöpfung in Mexiko besteht ausschließlich aus der Montage. Bisher haben wir keine Erkenntnisse, dass dies zukünftig nicht mehr so möglich sein wird.

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